Die Moorbek ist ein wichtiger Quellbach für die Mühlenau im Pinnau-Einzugsgebiet. Die Mühlenau selbst fällt in ihrer oberen Strecke oft sommertrocken aufgrund von Störungen ihres Einzugsgebiets durch Entwässern des Holmmoors, Verbreitern der Autobahn und durch den BAB-Rastplatz Holmmoor.
Im Stadtgebiet Norderstedt hat der NABU in Bachaktionstagen Verbesserungen an der Moorbek vorgenommen. 2020 hat der Wasserverband Mühlenau, gefördert durch den Kreis Segeberg, eine weitere Strecke im ländlichen Raum restauriert. Auch im Bachverlauf der Mühlenau nach Zusammenfluss mit der Moorbek wurden 2020 etliche Strecken verbessert, vgl. Berichte hier im Blog.
Es war an der Zeit, einmal nachzusehen, welche Auswirkungen die Umgestaltung der ehemals kanalartigen, überbreiten Strecken mit Erosionssand auf der Sohle, insbesondere im Hinblick auf biologische Besiedlung gebracht hat.
Zwar ist es schon etwas spät im Jahr, viele Insekten haben ihren Larvenlebensraum Wasser inzwischen geflügelt zum Hochzeitsflug verlassen. Aber gleichartige Beprobung sollte mindestens einen Vergleich unterschiedlicher Strecken zulassen.

Die neue Optik dieser Moorbekstrecke hält viele Besucher des Umfelds auf. Staunend betrachten sie den veränderten, belebten Bachlauf.
Informationstafeln stärken das Verständnis.

Emsige Ameisen vor Löwenzahn – gleich am Brückendurchfluss findet ein erstes, orientierendes Beproben statt.

Ein Bachflohkrebspärchen und ein Egel.

Ähnlich einer Spannerraupe saust der Egel im Rund der Schale. Die Flohkrebse schwimmen diversere Bahnen.

Zwei Köcherfliegenlarven und eine ertrunkene Rollassel kommen aus einem ruhigeren Bereich.

Und aus einer Ansammlung von Blättern und Ästchen werden ein junger Bachflohkrebs sowie eine Libellenlarve der Gattung Calopteryx freigespült.
Das Einbringen des Kieses bringt einen Anstoß zu differenzierten Strömungsbedingungen in Längs- und Querrichtung. Daraus erfolgt Strukturieren der vorher eintönigen Sohle hin zu unterschiedlichen Lebensbedingungen. Dementsprechend reagiert die Lebewelt mit ihrem nun in Arten- und Individuenzahl zunehmenden Vorkommen. – Ein vorbeikommender Spaziergänger ist begeistert, wir auch.

Die Moorbek schlängelt sich jetzt in ihrem früher gleichförmigen Bett mit Niedrig- und Mittelwasserprofil.

Auch „Altlasten“ sind weiter vorhanden, hier „fett“ Algenschmier auf Wasserpest, vorwiegend gesteuert durch Lichtüberschuss, wo standorttypischer Baumsaum am Ufer fehlt.

Das Umstrukturieren stärkt aber die charakteristischen Wasserpflanzen, hier den Wasserstern.

Beim Aussieben des hier in Teilen des Profils stabil liegenden Sandes bringt in Grobsand und Feinkies Larven der Großen Maifliege Ephemera (oben links eine einjährige, mit Glück wird sie Mai / Juni 2022 zum erwachsenen Insekt) und jede Menge Kleinmuscheln der Gattungen Sphaerium und Pisidium zutage.

Auch hier der Bachflohkrebs und die Bauchansicht einer Libellenlarve Calopteryx.

Im seitlich liegenden Laub finden sich Zweiflüglerlarven.

Unbehandelte Teilstrecken zwischen den Kiesen zeigen sehr gut die sich jetzt windende, längs- und querdifferenzierte Ausformung des Bachs.

Standorttypische Schwarzerlen – über das Jahr wird die Entwicklung von Uferbäumen verfolgt.
Je nach Eigenentwicklung angesichts vielfältiger Mutterbäume im Umfeld kann sich ein charakteristischer, den Bach von Überheizen entlastender Halbschatten ausbilden. Falls Artenbreite und zeitliches Vorankommen nicht hinreichend erscheinen, wird über punktuelle Anpflanzungen nachzudenken sein.

Neben den gut verbreiteten Bachflohkrebsen, als Blatt-Schredderer wesentlicher Start der Bach-Nahrungskette, sind einzelne Eintagsfliegen vor Ort. Ihre dunkle Farbe zeigt, dass sie kurz vor Wechsel ins Erwachsenenstadium stehen, das Wasser bald verlassen.
Die kleinen „Würmchen“ in der Schale sind mitgefangene, beim Siebausspülen nicht verloren gegangene Larven von Zuckmücken, Chironomiden. Diese sind eine weltweit in fliessenden und stillen Gewässern je nach Lebensraum arten- und individuenreich angepasste Insektengruppe – beim Arbeiten mit dem Haushaltssieb meist „übersehen“ (sie gehören nicht zum Spektrum der mit dieser Methode gesuchten Gruppen).

Weisse Schale, Totale – die ganze Zeit, verdrängt von Konzentration auf Leben im Wasser, kribbelt und krabbelt es irgendwo, es kitzelt auf der Haut: vorn eine Schlammfliege.
Sie und ihre Artgenossen werden, so sie nicht vorher von Vögeln, Fischen, Fledermäusen gefressen werden, ihre Eipakete auf Blättern von Uferrandpflanzen als Pakete ablegen. Von dort plumpsen die schlüpfenden Larven ins Gewässer und werden sich, s. Artname, in weichen Ufer- und Sohlepartien entwickeln.

Eine nicht bearbeitete Teilstrecke – Wasserpest, sie macht ihrem Namen in übersonnten, untypisch still fliessenden Bach-Ruinen alle Ehre, setzt auf Übernahme der gesamten Bachbreite. Der Ruf nach Ausmähen wird folgen.

Ein Hund geniesst die Möglichkeit, den sommerkühlen Bach auf einer Rausche zu nutzen.
Wie der Wanderer am Start ist auch der Hundeführer beeindruckt von der ihm bislang unbekannten, wiederherstellbaren Lebensvielfalt im Bach. Was wir ihm auch hier zeigen können, entspricht dem bisher Dargestellten.

Übertiefer, überbreiter Canyon – auf Restaurieren wartende Strecke.

Durch Frühlingsbuchenwald, klimagerecht feucht gehalten, gehen wir zurück.
Die Besiedlung der ländlichen Mühlenau nach Zusammentreffen mit der Moorbek wird in Teil 2 beschrieben.
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