Ein Anruf zu spontanem Sonntagsspaziergang gem. kommenden Corona-Vorschriften (2 Familien, max. 10 Personen [Letzteres zu 50 % ausgefüllt]) führte uns in die Holmer Sandberge.
Die haben wir zu Wochenenden und bei Sonnenwetter meist gemieden – Ausgeh- und Hundeauslauf-Hot Spot (ja, auch dort gilt die Anleinpflicht SHs und speziell die Vorgaben für Wald und Schutzgebiete). [Es geht die Vermutung um, dass sich hier so viele Hunde ballen, da die Anleinpflicht in Hamburgs Wäldern kontrolliert wird, ggf. Verstöße geahndet werden. Hier, in Zuständigkeit der Gemeinde Holm sei das nicht der Fall. – Hallo, Herr Bürgermeister!]
Aber, wer früh genug kommt, kommt halbwegs ungestört davon. Schön ist es hier allemal.
Ja, es hat einmal etwas geregnet. Das reichte diesmal sogar zur Reaktion der Bäche, die immerhin über 2 Tage den flachen „Wasserberg“ zwischen Niedrigwasser- und (man gerade) Mittelwasserabfluss an den online-Pegeln erkennen ließen. Die Vegetation mit oberflächennahen Wurzeln allerdings hat sich gefreut!

Wir gehen nicht direkt in die Sandbergefläche, sondern das erste Stück über den Holmer Grenzweg daran vorbei.
Fröhlicher Sonntagmorgengruß an und von Reitern und Pferden (im Foto noch im Singular). Gelegentlich quert der Reitweg den Wanderweg in den Holmer Sandbergen. An solchen Stellen ist Aufmerksamkeit angebracht – wie bei Auto- und Radfahrern gibt es auch bei Reitern einen gewissen Prozentsatz, der möglichst immer, auch an Gefahrenstellen, sich bzw. die PS „am Gas“ bewegt.
Ich habe gelernt, dass zunehmend Haustiere (jedenfalls „privat“) mit weniger, möglichst keinen Antibiotika versorgt werden – halt wirklich nur bei Notwendigkeit. Das kann man hier an weitgehend zersetzten Pferdeäpfeln (auch bei Kühen, entsprechend auf Weiden) erkennen. Bis vor Kurzem lebten wir alle in dem Bewusstsein, dass tierische Ausscheidungen lange bis ewig in der Fläche herumliegen. Ja, so weit kann es mit flächiger Vergiftung gehen. – Gut, dass sich das ändert!
Das Foto relativiert anschaulich menschliches Maß (die beiden Großen sind 1,90 m bzw. darüber) im Vergleich zu älter gewordenen Bäumen. Der grüne Unterwuchs ist großenteils nicht „unsere“ Traubenkirsche Prunus padus, sondern Prunus serotina, Neophyt. Die buschartigen Stämmchen zeigen die verzweifelten Versuche, dieser Art Herr zu werden. – Andernorts hat man sich besonnen, ob deren Durchhaltekraft nicht genutzt werden sollte, Nutzwald zu entwickeln.

Zur Linken lichtet es sich – dort wurde recht kleinflächig alte Dünenlandschaft durch Entfernen der Kiefern freigelegt.

Es ist Pilzzeit. Einige späte Sammler sind gelegentlich zu sehen – selbstverständlich nicht Sammler von Fliegenpilzen.

Ein Prachtexemplar – später werden wir von Vandalen zerstörte Fliegen- und andere Pilze am Wegrand finden.
Wir erkennen hier, was uns Förster und Wald-Experten immer wieder spätestens seit Anfang 2020 sagen: Der obere Bodenbereich ist bis in 2-3 m Tiefe vollkommen trocken. (Daher auch das für uns heutige Menschen unbekannte Buchensterben in bestimmten Lagen, vgl. Beiträge über Schneewittchendorf und Drumrum.) Diese Situation spiegelt sich im Feuerlöschteich der Holmer Sandberge.

Wir haben die Flaniermeile gequert und sind in den westlichen freigelegten Dünenbereich gelangt – Heidekraut am besonnten Rand.
An den Kiefern im Foto ist aber bereits das Dilemma solcher Landschaften erkennbar. Aus bzw. in nacheiszeitlicher Tundren- / Steppenzeit durch Winderosion entstandene oder durch menschliche Übernutzung armer Böden hervorgerufene Erosionslandschaften überwachsen in einer zeitlichen Abfolge Richtung Wald.
Die Sandberge sind zwar als Dünen entstanden, ihnen fehlt aber heute die freie Wandermöglichkeit, kleinflächig und Hochwald-umgeben wie sie liegen.
Zum Dilemma gehört, dass die regelhafte „Pflege“ nicht in frühen Stadien „mit leichter Hand“ erfolgt. So werden heutzutage oft genug Maschinen zum Beräumen der aufgewachsenen Vegetation, zum Wiederfreilegen des Sandes verwendet. Das aber hat zur Folge, dass Höhen- und Breitendiversität der ehemaligen Dünen nach und nach eingeebnet, nivelliert werden. – Man darf fragen, wo und wann die Sinnhaftigkeit endet.
Ich kann es nicht verhehlen, es schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Leserinnen und Leser dieses Blogs haben aus meinen Bachbeiträgen zutreffend schliessen können, dass mir Anstöße zur Selbsthilfe in zerstörten Naturlandschaften – nicht zuletzt auch aus finanziellen / ökonomischen Gründen – naheliegen. Die Natur, nach Abstellen von Defiziten, weiss besser als wir Menschen, wohin sie Standorte entwickeln möchte. Und das tut sie dann, wenn nicht Gravierendes entgegensteht, schnell und effektiv.
Auf der anderen Seite haben Kulturlandschaften ihre Wertigkeiten und ihren Charme. Der Flächenverlust der bis ins 19. Jahrhundert riesigen Heidelandschaften und damit auch der Verlust ihrer spezifischen Tier- und Pflanzenwelt wird zurecht beklagt. Wir müssen uns allerdings bei Planungen mehr als bisher vor Augen führen, wie viel Fläche wir mit hohem (leistbarem?) Aufwand erhalten oder entwickeln wollen und können. Holmer Sandberge und Lüneburger Heide können als zwei charakteristische Beispiele dienen.
Zweifellos ein schönes Bild, ein vielfältiges Naturerlebnis. Wir dürfen auf die Entwicklung in kommenden Jahren gespannt sein.
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