Super-Exkursionswetter, trocken, nicht zu warm, was wollten wir mehr?
Die Engstelle oben im Foto zeigt, dass die Mühlenau (wie wohl jedes ausgebaute Fliessgewässer) im Niedrigwasserprofil Einengungen problemlos verkraften kann.
Als wichtige Verbesserungs-Stichworte: Minimieren der Ufer-Erosion, Lenken der Strömung und damit Fördern von Strömungsvielfalt sowie Beleben des Tiefenprofils, sowohl im Quer- wie im Längs des Bachs, Zugabe von Strukturmaterial, hier Kies.
Allen an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön, nicht nur fürs Erscheinen, sondern insbesondere für die Beteiligung an lebendiger Diskussion sowie für die ergänzenden Hinweise zur Örtlichkeit und zu Besonderheiten, die aufgrund des niedrigen Wasserstands sichtbar waren.

So sehen die 2017 bekiesten Stellen inzwischen aus. Die „Unterwassernasen“ liegen aufgrund des geringen Abflusses weitgehend trocken. In der Böschung wurde teilweise bereits Ergänzungskies angeliefert.

„Kick-off sampling“ – den Kies bewegen, Tierchen aus dem Kies ins Netz strömen lassen, waschen, Netz ausklopfen – was erwartet uns?

Und dann … – Überraschung: neben „den üblichen“ Bachflohkrebsen fanden sich massenhaft diesjährige Wollhandkrabben. Wie die Fortsetzung zeigte, bewegt sich eine „Invasions-Front“ von der Elbe kommend die Mühlenau hinauf.

Gestört reagieren die wanderwütigen Zwerge (zur Zeit 2-4 mm Panzerbreite) ausgesprochen „giftig“, stellen sich rücklings auf und zeigen die scharfen Scheren.

Angeregte Strömung – an einigen wenigen Stellen ist die beabsichtigte Wirkung der Unterwasser-Kiesnasen erkennbar.

Mühlenau-Profil Sohle, Ufer, Luftraum querab vom gerade entwickelten B-Plan „Mühlenau-Quartier“. Für einen belebten Bach bleibt viel zu tun.

Gegen das Baden von Hunden bestehen keine Bedenken. Hundebesitzer sollten sich allerdings über die Aktivitäten des Lieblings bewusst sein – und solch Wüten im öffentlichen Raum, im Gewässerlebensraum verhindern.
Nur die Schwarz-Erle (regional auch Rot-Erle genannt) sendet ihre Wurzeln senkrecht ins Gewässer / in das Grundwasser. Alle anderen heimischen Bäume, auch Tiefwurzler, stoppen bei Wasserkontakt und bilden waagerecht verlaufende Wurzeln aus. Vielleicht haben auch Sie in anmoorigem Gelände bei den Stürmen der jüngeren Vergangenheit die gewaltigen „Räder“ gestürzter Alt-Eichen bewundert.

Detail zum vorigen Foto: Zwischen Ahorn und Buche (die waagerecht ausgerichteten Wurzeln) steht – Blick nach oben hat das bestätigt – tatsächlich eine Erle. Von der stammen die hier sichtbaren, senkrecht ins Wasser gehenden, hervorragend das Ufer vor Erosion schützenden Wurzeln.

Kleiner Tipp für Stellen, wo Erlen nicht spontan starten (können): Massenhaft Spontan-Aufwuchs findet sich an Baustellen in feuchtem Gelände, hier an der Baustelle Westumgehung Pinneberg.
Wer also ortstypisches Pflanzmaterial braucht, z.B. an von Drüsigem Springkraut bedrängten Stellen, nutzt Material nach der Methode „Wer sucht, der findet“.
Neben der großen Wandertruppe der Wollhandkrabben (weitere Beiträge hier im Blog, gern per Suche ansteuern) haben wir auch Landwanderer zahlreich gesehen: kleine Erdkröten, die ihr Geburtsgewässer verlassen haben und ihren Aufwuchslebensraum erkunden.
Unseren ersten Eisvogel, zunächst ein Stück, dann weit flussauf fliegend, haben wir hier bestaunt. „Wir“, das waren ausser mir nur 2 Exkursionsteilnehmer. Die anderen waren noch nicht so geübt – immer weit voraus blicken, der blau-türkis im Sonnenlicht schillernde Vogel rast nur so durch die Luft.
Die „normalen Tierchen“ führe ich hier nicht auf. Sie finden sich für Interessierte im Beitrag vom 10. April.

Wie zu Anfang kam auch am Schluss noch eine Überraschung. In Beständen des Schwimmenden Laichkrauts fanden sich Larven von Prachtlibellen, Calpteryx sp..

Während die vorige kleiner und heller ist, zeigt diese dunkle Variante eine bevorstehende Häutung an – vielleicht wird sie bald dem Bach als geflügeltes Insekt entsteigen (selbstverständlich setzen wir all unsere Tiere möglichst wohlbehalten in ihren Lebensraum zurück).
Wir haben uns umfangreich über Ufer-, Sumpfpflanzen unterhalten, Wasserpflanzen (Link zu Broschüre im Download) waren – sicherlich primär wegen des an den meisten Stellen bewegten Untergrunds – selten. Neben dem Schwimmenden Laichkraut sahen wir den Kleinen Igelkolben mit Land-, Wasser- und Unterwasserform (bei Massenentwicklung ein durch nicht angepasstes Mähen geförderte „Rasen“-Pflanze) sowie vereinzelt die typische Fliessgewässerart Wasserstern.
Wie die Erfahrung an restaurierten Gewässern zeigt, werden sich die Relationen zueinander in Richtung von charakteristischen Fliessgewässerarten ändern. Das liegt vor allem am dann stabilen Grund, in dem die Wurzeln auch geschützt sind, wenn bei Hochwässern das „Sandstrahlgebläse“ des Erosions-Sandes wirkt.

Erfahrungs-Foto Pflanzenzugewinn in restaurierten Strecken, hier Wasserstern und Aufrechter Merk („Berle“).
Am letzten Beprobungsort begegnete uns der Eisvogel ein zweites Mal, schnell bachab fliegend. Jetzt, „trainiert“, sahen ihn fast alle Exkursionsteilnehmer. Ein großes Gänse-V über uns rundete unsere Erlebnisse ab.
Drei Stunden Exkursion vergingen wie im Flug. Ich nehme an, alle hatten sich – wie ich – eher auf 2 Stunden eingerichtet. Gegen solcherart Begeisterung ist nichts einzuwenden. 🙂
Wir freuen uns auf kommendes Restaurieren.
erutario.de schrieb per Mail
„Das war ein guter, interessanter Ausflug mit wunderbaren Erläuterungen. Und sogar die Hausmüll-Deponie Pinneberg aus der früheren Jahrzehnten wurde uns gezeigt.
Weiterhin eindrücklich die Bebauung des Mühlenteiches … die Gebäude wurden an die Au heran gebaut. Das wusste ich nicht, wie weiträumig damals der Fluss für das Mühlen-Wasser genutzt wurde, und wie wenig Raum ihm jetzt bleibt. Eindrückliche Geschichtskunde.
Hans Rutar“
Herzlichen Dank!
[…] https://osmerus.wordpress.com/2018/07/15/muehlenau-pinneberg-die-tierchen-der-fahrrad-exkursion/ […]