Eine kleine Besuchsfahrt führte mich an die Ohlau, Kreis Segeberg. In Bad Bramstedt vereint sie sich mit der Schmalfelder Au zur Hudau, die bald mit der Schmalfelder Au zur Bramau wird. Diese wiederum mündet recht bald in die Stör – wie der Name sagt, einstmals gut für Großfisch, Stör, aber auch Lachs. Die Gegenstücke auf niedersächsischer Seite sind, jeweils mit ca. 150 km Länge, die Oste (Elbe-EZG) und die Wümme (Weser-EZG). Für die kleineren Nebengewässer mit 40-50-60 km Fliesslänge wird davon ausgegangen, dass sie im Wesentlichen Meerforellenflüsse waren.
Drei unterschiedliche Situationen bewanderten wir bei prima Frühlingswetter an der Ohlau – 1. bekiest, 2. zu bekiesen, 3. „dauert noch ein Weilchen“. Hier also die Nummer 1, aktiv ist (nicht nur) hier der Gewässerpflegeverband Ohlau.

Als ich am 17. Januar bei scharfem, kaltem Wind hier parkte, lag an der Straßenbrücke noch der Kies von Lkw-Lieferung 2, bereit zum Einbau. Offene, intensiv genutzte Agrarlandschaft beherrscht das Bild.
Wenn man solchen Anblick einer ausgeräumten Agrarlandschaft allüberall vorfindet, fragt man sich, wo eigentlich die Broschüren der Landesregierung über Gewässerrandstreifen, standorttypischen Baumbestand, ja Auwald am Gewässer ihren Niederschlag in der Realität finden. Symbolpolitik ersetzt nicht Handeln. Schleswig-Holstein sollte mehr können.
Immerhin wird für die Lebensraumverbesserung im Gewässer unmittelbar etwas getan.

Jetzt, im April, auf die Brücke rückblickend bei geringerem Abfluss als Mittelwasser, hat sich der Bach verändert.

Blick bachab. Punktuelle Kiesschüttungen geben dem Ufer Halt, dem Bach eine neue Sohle und mehr Bewegung.

Ausschnitt aus demselben Foto. An solchen Stellen – Januar-Einbau war für die Forellen schon zu spät – erwarten wir Ablaichen von Neunaugen (und ab Herbst: halt Forellen).
Aber Halt! – Betrachten des Fotos und der beiden drumrum bringt mich zu einen anderen Ergbenis. Ganz eindeutig hat hier ein spätes Meerforellenpaar (oder ein paar Fische mehr) gearbeitet.

Blaues Oval: geschlagene Laichgrube (so tief räumt Strömung nicht aus), gelbes Oval: Kies“berg“, in dem sich die Eier entwickeln.

Sonder-Habitat Kreis (im Kreis Segeberg) – irgendein Troll hat wohl vor Jahren mal von der Brücke eine Ladung Reifen entsorgt. Nach und nach kommen die zum Vorschein, der Wasserverband hat mit der Entsorgung zu tun.

Blick aus der Gegenwart in die Zukunft. Der standorttypische Baumbestand muss her – nicht zuletzt wegen der notwendigen Anpassung an den Klimawandel – Kühlung zum Schutz des an sich sommerkühlen Bachoberlaufs.
Angesichts jeglichen fehlendem Abstands der Agrarnutzung zum Gewässer, wundern Fachergebnisse zum Dünger- und Pestizidgehalt des Gewässers nicht. Bis hin zur akuten, das Jahr über chronisch toxischen Belastung ist jegliche Messkonzentration zu finden, wie gerade einmal mehr die EAWAG, DAS Fachinstitut der Schweiz, zeigte. Deutschland verharrt derweil in altbekannten Schützengräben: Urheberrecht geht vor Transparenz – und das bei Steuerzahler-finanzierten Arbeiten. Staatliche Dokumente sollten grundsätzlich für Veröffentlichung frei sein. – Wer sich aktiv einbringen möchte, kann das hier.
Weiter geht`s zu den Punkten 2 und 3 – mehr demnächst hier im Blog.





„Der standortypische Baumbestand muss her“ – wann merkt die Landwirtschaft das endlich, dass der Klimawandel mit den stärkeren Winden auf den Flächen in Mitteleuropa eine moderne Rückbesinnung auf die Vorteile von Gehölzen in der Landschaft erfordert, um Erosion durch Wind und Wasser so gut wie möglich einzuschränken?
Stattdessen werden die duerhaft bewachsenen Ränder immer schmaler und die grossen Einzelbäume immer enger umpflügt und durch Tiefpflügen im Wurzelraum stetig beschädigt.
Die offfiziell erteilte Genehmigung zur landwirtschaftliche Nutzung gewisser Kanäle, die nicht der Natur, sondern der menschlichen Raumordnung entsprungen sind, hat mich bei uns recht entsetzt. Nicht nur, dass dort rigoroses jährlich zweimal Räumen des Rand- und Gewässerbewuchses inklusive Ausbaggern zum Gewährleisten der Funktion angeordnet sind, im Sommer und im Spätherbst, sondern auf Antrag und persönlicher Erteilung der Erlaubnis Anliegern auch das Ausspülen von landwirtschaftlichen Fässern offiziell erlaubt ist. Von solchen Massnahmen wie in diesem Beitrag kann man da nur vergeblich träumen.
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Ja, leider ist das so. Niedersachsen und Schleswig-Holstein waren seinerzeit führend beim Definitionen verbiegen: So haben sie Gewässerstrecken in der Einstufung von „natürlich“ auf „erheblich verändert“ umgestuft – nicht etwa mit dem Ziel, hier müsse besonders viel getan werden und dafür werde man sich einsetzen. Man hoffte inständig, mit dieser Umstufung zu erreichen, WENIGER tun zu müssen. Die Masse von Arbeitsstunden, die in Politik und Verwaltung da vertan wurde, schreit zum Himmel. – Wir wundern uns nicht, dass die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie nicht erreicht sind.
Ein Bisschen Hintergrund (auch km-Zahlen zu oben genannter Untat) und Realität habe ich hier veröffentlicht:
http://www.salmonidenfreund.de/modules/download_gallery/dlc.php?file=71
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Sehr interessant.
Eine in den 60er Jahren hier bei uns als Wohltat und Notwenigskeit empfundene Grossunternehmung war die Kanalisierung des bis dahin gewundenen Laufes der Jeetzel, eines Nebenflusses der Elbe, in dessen Durchflussgebietes alljährlich im Winter viele Wiesen und auch Strassen, sogar Bundesstrassen gelegentlich, unterwasser standen. Also wurde begradigt und kanalisiert und eingedeicht, was das Zeug hielt und offiziell gilt die Jeetzel seitdem als Kanal, mit allen daraus für die Natur bedeutenden Nachteile. Natur ist demnach, was trotzdem kann, aber nicht, wofür etwas getan wird.
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