Nun warte ich Radler also, inzwischen mit weiteren Interessierten am Tor zum Deichvorland, dass die erste der beiden geführten Gruppen vom offiziellen Treffpunkt Hetlinger Schanze auftaucht. Die zweite Gruppe wird einen Bogen am Strand entlang wählen und dort andere Spezialitäten geboten bekommen als wir Direktanwanderer. Mal sehen, vielleicht bin ich nächstes Jahr bei den „Strandies“ dabei.

Die Deichschafe nehmen unsere Anwesenheit inzwischen gelassen, käuen wider – vorn eine geschorene Mutter mit ihrem dick bewachsenen Wolllamm.

Ah, hinterm Deich wandert ein dunkler Fleck an. Als sie das Gattertor unter uns erreichen, zähle ich grob 100 Menschen (mit uns Wartenden).
Was für eine Teilnehmerzahl (da ist ja, wie beschrieben, noch eine Gruppe unterwegs)!

Wir sind im Vorland. Die Priele liegen angesichts des Tideniedrigwassers trocken, der fette, angeschnittene Marschboden ist gut sichtbar.

Weit voraus sehen wir weiss in der Morgensonne leuchtend das ehemalige Leuchtfeuer Julssand, links davon ein Containerfrachter der Linie Hamburg Süd, am stillgelegten KKW Stade vorbeifahrend.

Uns wird was geboten, nicht nur Natur. Vier bunt bewimpelte Masten schieben sich jenseits eines Auwaldrests Richtung Nordsee vorbei. Wie später zu erkennen ist, handelt es sich um das peruanische Segelschulschiff BAP Union, das in Hamburg zu Gast war.

„Nanu,“ fragt sich eine Kuhherde, „so viele auf einen Streich haben wir hier lange nicht gesehen“.

Ein kleiner Trupp Schafe wundert sich, dass unsere Vorhut schon kommt.

Blick auf die Elbe. Hier, an einer Schmalstelle, wurde eine Vielzahl unterschiedlich gebauter Buhnen angelegt – der Mensch muss lernen.
Mit der vorigen Elbvertiefung und den immer größer werdenden Schiffen ist neben dem veränderten Tideverhalten – insbesondere starkes Absinken des Tideniedrigwassers über die diversen Vertiefungen des Flusses (ja, man „verliert“ ein Gutteil der Vertiefung durch Wasser“verlust“ !) – die Schwell-Sunk-Thematik der schnell fahrenden Großschifffahrt verschärft. Lebensgefahr und erhöhte Erosion (und Ablagerung an unerwünschten Stellen!), Deichsicherheit sind Themen, die Wasserbauer zu neuen Untersuchungsaufträgen verhelfen.
Auf die Auswirkungen z.B. auf Wanderfische sei hier nur am Rand hingewiesen.

Mehrere, speziell ausgerüstete Messmasten scannen mehrfach über die Tide Veränderungen im Buhnenbereich. – Möge es nützen.

Wir wandern weiter, sonnenbeschienen. – Über uns … rasen die Wolken dahin, eine große schwarze Front dabei.

Und da kommt einer der inzwischen „Normal-Großen“, die 366 m-Klasse, „Cosco Netherlands“, Tiefgang bei ca. 12 m.

Vielleicht sollte man Schiffsgrößen und ihr Fahrtempo nach dem Fluss richten und nicht umgekehrt. Vielleicht sollte Deutschland endlich ein abgestimmtes Hafenprogramm HABEN, das solch Ozeanriesen an den Häfen „aussen“ an der Küste hält, statt 120 km Fluss fortwährend mit UNmengen Steuergeld hinzurichten.

Schön im Sonnenschein glitzernd sehen wir die Turbulenzen über die Buhnen schiessen, riesige, sich ständig verändernde Strudelbildungen in den Buhnenfeldern ihre Kräfte entfalten.

Cosco Netherlands, die neuen Containerfrachter sind 40 m länger, im Größenvergleich zum Spezialtanker links, zu einem Messboot und einem Segelschiff.

Wir haben das ehemalige Leuchtfeuer erreicht, die Stader Industriekulisse wirkt klein hinter dem Containerfrachter.

Tatsächlich, manche hatten schon gemunkelt, das Museumsschiff Cap San Diego hat seinen Liegeplatz im Hamburger Hafen verlassen, lässt seine Maschinen arbeiten. – Uns wird heute aber was geboten!

Den nun doch über uns ergehenden Schauer ertragen wir angesichts des Windes auch ohne Regenzeug gut, indem wir uns auf die Leeseite des kleinen Leuchtfeuergebäudes stellen. – Cosco Netherlands und Cap San Diego befinden sich, am Horizont verschwindend, schon wieder in bestem Wetter.

Es ist später geworden, als planmäßig vorgesehen. Ich muss zurück. Irgendwer hat Gänseschwärme am Horizont aufgescheucht, sie fliegen über der Binnenelbe.

Blick zurück – man wartet noch auf die zweite Gruppe, die Strandwanderer. Jemand soll einen Schlüssel haben. Vielleicht winkt den Zurückbleibenden ein Blick ins Gebäude.

Munter marschiere ich der Wetterfront hinterher.

Das Jahr schreitet fort, bald flusen Disteln.

Ich bin nicht allein. Meine „Vorgänger“ haben die letzte lange Gerade vor dem Deichtor erreicht. Das Rad ist nah.

Die Schafe haben, teils sich schubbernd, mit sich selbst zu tun. Wir interessieren sie nicht mehr.

Gleich erreiche ich mein Rad. Die Wege trennen sich.

Mit starkem Rückenwind bin ich sehr schnell in Hetlingen angekommen. Stundenlanges Radeln, Wandern, Radeln lassen Essen und Trinken schmecken.

Zufrieden passiere ich das im vorigen Beitrag beim Anradeln bereits erwähnte Weizenfeld.
Wie kann ich ahnen, WAS für ein Spektakel mich wenige hundert Meter voraus erwartet. – Dazu demnächst mehr.
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