
Die Technische Universität Hamburg-Harburg, architektonisch – alt trifft neu (oder umgekehrt).
Seit Jahren berichte ich über die jährlichen Exkursionen, die im Rahmen meiner Vorlesung „Hydrobiology“ im Sommersemester stattfinden (über „Suche“ leicht zu finden). Ging es zunächst regelhaft an die vielen Beispiele verschiedener Restaurierungen im Este-Einzugsgebiet, kam später die Seeve als weiteres Gewässerbeispiel dazu.

Die Exkursion findet je nach Teilnehmerzahl mit Groß-Bus oder Kleinbussen plus Pkw statt.

2016 für mich neu: Die Anfahrt zu den Treffpunkten – Umzug nach Wedel macht eine Elbe-Querung erforderlich.

Agrar-Tostedt liegt vor mir – am Bahnhof treffe ich die Studenten und die Minibusse.
Auch 2016 war es wieder ein buntes Völkchen, das das Norddeutsche Tiefland mit seinen geografischen, gewässerökologischen und Agrar-exzessiven Beispielen kennenlernte. Die insgesamt 22 Teilnehmer kommen aus 11 Ländern. In der Reihenfolge abnehmender Teilnehmerzahl sind das China, Deutschland, Frankreich, Indien und Nigeria mit je 5-2 Teilnehmern sowie mit je einem aus Ägypten, Indonesien, Mexiko, Polen, Schweden und Singapur (vor dem verheerenden Tsunami dominierten Indonesier vor deutschen Teilnehmern die Vorlesung).

Fast alle da (16 von 22), bald folgt der Rest. Bis dahin machen wir einen im Programm nicht vorgesehenen Abstecher.
Aber zuerst die Exkursion zur Seeve, vgl. ausführlicher im Beitrag vom 25. Juni 2015 (dort: hinterer Teil), 2016 vorweg mit Abstecher zum Seevekanal.

Beeindruckend, die im Rahmen des Projekts Seevekanal 2021 durch Buhnen aus Holz erreichten Lebensraumverbesserungen.
Über die ebenfalls angesehenen Lenkbuhnen aus Kies finden sich anderswo hier im Blog ausführliche Darstellungen, bitte über Suche „Seevekanal, Lenkbuhnen, Kies“ nachschlagen.

Beeindruckt zeigen sich die Exkursionsteilnehmer regelhaft über die Beispiele deutscher Agrar-Subvention. Besonders, wenn wie hier in einem FFH- und Naturschutzgebiet intensivster Ackerbau bis auf die Gewässeroberkante praktiziert wird.

Die Folge jahrelangen Abpflügens des halben Wurzeltellers früher hier vorhanden gewesener, standorttypischer Großbäume in gewässerbegleitendem und beschattendem Saum: Totalverlust mit folgender Stark-Erosion – Landverlust beim Verursacher.

Als „Besonderheit“ in dieser speziellen Situation konnten wir 2016 Spuren des Befahrens in der Böschung verbliebener Wurzelstöcke mit Großgerät ansehen.

Als Folge ergaben sich (die beabsichtigten) Wurzelabrisse. Die tiefen, gefährdenden Löcher wurden den Fischereipächtern gemeldet, damit sich niemand ein Bein bricht.

Grund unserer Anfahrt war allerdings der Restaurierungsversuch mit „Hölzchen & Stöckchen“, mit dem eine verbliebende Erlengruppe vor dem Verschwinden gerettet werden sollte.
Mehr über „Hölzchen & Stöckchen“ findet sich z.B. hier.

Wie unschwer zu erkennen ist, haben zwei Reihen Treibselsammler schnell über 10 m³ Boden aus vorbeitreibendem Sand gebildet und schützen nun die Erlengruppe vor Erosionsangriff.
Jahr für Jahr unverändert bleibt festzustellen, dass durch rückschreitende Erosion „Zeugen der Vergangenheit“, wie z.B. Widerlager von Brücken zunehmend zu Wanderhindernissen werden. Der so entstehende höhere Strömungsdruck wirkt um so erodierender in den abwärts liegenden, meist nicht durch den standorttypischen Baumsaum geschützten Uferpartien. Dies gilt im Umfeld Hittfeld / Maschen z.B. für die Seevequerungen der BAB 1 (Horster Dreieck), BAB 39, Winsener Landstraße, BAB 1 (Maschener Kreuz), Umfeld Seeve-Wehr / Fischpass, Fußgängerbrücke querab Alte Bahnhofstraße, Brücke Hörstener Straße, Brücke zwischen Junkernfeld- und Steller See – es gibt viel zu tun! Kies-Geröll-Gleiten in Kolk-Rausche-Abfolge könnten diese Lebensraumstörungen leicht bereinigen.

Seeve Maschen: Seeve-Wehr, durch Tiefenerosion entstandener Strömungsabriss am Fischpass, vorn die verschärfte Strömungssituation an der Fußgängerbrücke – leicht aufzufangen durch abwärts anzulegende Rauschen aus Kies/Geröll.
Und dann ging`s, wie üblich an die Este, wo eine Vielzahl Restaurierungsbeispiele auf bis zu 35 Jahre Historie weisen.

Mäander-Beispiel, noch überbreit und übertief – die Kiesbach-Charakteristik Erosions-Sand-überprägt.

Blick von der Geestkante in die Este-Aue an der Querung der Nordeuropäischen Erdgasleitung – nächstes Foto.

Ausgleich und Ersatz für die Landschafts- und Lebensraumstörungen beim Bau der NEL liessen hier durch Kies- und Geröllzugabe einen Mäander entstehen, wie er für dieses Kies-geprägte Gewässer typisch wäre.

Wo Hölzchen und Stöckchen „Land gewinnen“, sind nun oft „Deine Spuren im Sand …“ zu sehen – diesmal kein Fischotter.
Solch Spuren – hier ganz schön groß – mit Fingerchen hinterlässt der Waschbär.

Vermehrt finden sich in den neu (wieder!) hergestellten ruhigeren Bereichen Köcherfliegen des entsprechenden Hausbau-Typs.

An einer jahrelang als Kies-Depot, zur Umlagerung des Kieses durch die Este, genutzten Stelle hat sich ein optimales Strömungsbild mit Kolk-Rausche-Abfolgen und hervorragenden Laichplätzen entwickelt.

Beeindruckend – was für eine Strömungs- und Tiefenvarianz!

Leider sahen wir am Exkursionstag auch ganz etwas anderes: (Un)massen Bachflohkrebse, die offenbar durch (Agrar?)Gift nicht mehr in der Lage waren, ihren Standort zu halten. Massenabdrift ! ! !
Wie die wissenschaftliche Literatur ausweist, findet derlei in unserer exzessiven Landnutzung ständig aktuell und um so mehr chronisch statt. – Ein konsequenter Boden- und Gewässerschutz steht in Deutschland weiterhin aus.

Antwort auf eine regelhaft gestellte Frage bei Walddurchquerungen: Nein, die mit „T“ gekennzeichneten Bäume gehören nicht mir, dies ist nicht mein „claim“. T steht für so etwas wie „track“ – vielleicht einfach „Trasse“. Hier bewegen sich die modernen Holzgewinnungsmaschinen auf vorgegebenen Trassen zum Nutzholz, um möglichst wenig Schaden im Gelände anzurichten.
Gewässerschutz bezieht sich – in Deutschland leider immer noch nicht konsequent – auf alles, was im Einzugsgebiet geschieht.
„On top of the world“ startet das Geschehen und zieht sich letztlich bis ins Meer mit seinen Auswirkungen. Nach Jahrzehnten guter Ergebnisse durch Abwasserreinigung und Abwasserminimierung steht noch immer konsequentes Handeln unter anderem beim Goldenen Kalb, der Agrarwirtschaft, aus. Und deren Exzesse starten leider bereits auf den Wasserscheiden, den obersten Rändern der Gewässereinzugsgebiete.
Man braucht unsere Landschaft nur mit offenen Augen zu erleben.
Fehlgesteuerte Subventionen – es ist lange an der Zeit, dieser Steuergeldverschwendung ein Ende zu machen. – Hallo, Politiker, wo seid ihr?!
Nein, SIE meinte ich nicht, die Damen und Herren Agrar-Funktionäre in der Politik – ihr Wirken bringt ja genau die heutigen Auswüchse. – Wir setzen unsere Exkursion fort.

Wir begeben uns aufs Dach der Welt – on top of the world.
Unfassbar!

Fehlsubventionierte Agrarwüste – mal abgesehen von fehlenden Grünstreifen allüberall. Hier liegt der ganze „Berg“ in Erwartung des übersubventionierten Mais-Aussäens monatelang bar. Von Bodenschutz keine Spur.
Und wenn dann der Mais draufsteht, hat der nicht einmal Untersaat, um den Boden zu halten – Deutschland, Deine schlagkräftige Agrarwirtschaft, für Steuer- sowie überhöhte Stromgebührenzahler und Umwelt sowieso ein Graus!

Bodenentmischung – feinster Strandsand auf dem landwirtschaftlichen Weg – talwärts.

Es wird dann aber doch wieder wässrig auf der Hydrobiology-Exkursion. Die Bachoberläufe kriegen alles ab …
Um so sinnvoller ist also das Stärken ihrer natürlichen Kräfte durch Restaurieren. Schade, dass das Prinzip Freiwilligkeit auch hier bei den Verursachern nicht zieht. Die Erfolge kommen vom Einsatz anderer.
Nachlesen kann man jahrzehntelange gute Beispiele z.B. hier. , über neuere Arbeiten hier.

Offenbar wird guter Gewässereinsatz von Petrus belohnt. Wieder hatten wir prima Exkursionswetter, Regentropfen zeigen sich erst nach Abschluss der Veranstaltung.

Das leibliche Wohl soll auch nicht zu kurz kommen.

Geradezu als Beispiel für gesunde Gewässer mit lichtem Schatten unter Kronenschluss begleitender Bäume grüßt die Bundesstraßenallee den Heimkehrer.
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