In den Vorjahren wurden die Exkursionen der Vorlesung „Hydrobiology“ (ja, ist „in english“) an der TU Hamburg-Harburg unter dem Titel „Die Welt zu Gast in Tostedt“ jeweils mit Jahreszahl hier vorgestellt.

Blick vom TUHH-Campus auf das Gebäude Schwarzenbergstraße – alt und neu bieten interessante Kulissen.
2015 haben wir nach „der üblichen“ („same procedure as every year …“) Runde im Este-Einzugsgebiet die zweite Exkursion an der Seevemündung in die Elbe begonnen – daher heute ein neuer Titel. Die Restaurierungen der jüngeren Jahre an der Seeve sind hier im Blog umfangreich dokumentiert.
Es folgen ein paar Eindrücke zunächst von der Este, anschließend von der Seeve.

Übergang von überbreitem, sandbedecktem Estebereich in mit Kies und Geröll strukturierten. Der Wasserbaumeister Merk / Berle zeigt, der lebendige Bach möchte ein schmales Bett mit turbulenter Strömung. Wenn er kann, baut er es selbst.

Frisches Bachneunaugenlaichbett (helle Kiesfläche) auf altem Bachforellenlaichbett (Winter 2014/15) – von links: auf Fisch-gemachten Anströmkolk folgt der „Kiesberg“, in dem die Eier vom Bach erbrütet werden.

Mäander – menschenzerstört – überbreit mit Sandsohle, standorttypisch von Natur gesäumt mit Erlen.

Mäander, in Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme mit Kies und Geröll bestückt. Turbulente Strömung und Stromstrich („Thalweg“) sind wiederhergestellt. Die Sohle lebt, voller standorttypischer Wirbelloser.

Restaurierungsbeispiel Kies-Depot – inzwischen vielfach und vielerorts bewährt. Der Bach nimmt sich, wenn er möchte und transportiert es an die bestgeeignete Stelle.

„Sach ma` „Windwurfwurzkörper“!“ – In den USA und anderswo gern beim Gewässerrestaurieren genutzt: ganze Sturzbäume mit Wurzelballen.

Fassungslos vorm Horizont – fast „on top of the world“, zwischen Elbe- und Weser-Einzugsgebiet.
Krasser ist Landnutzungsunterschied kaum darstellbar. Wo Ripl und andere als nachhaltige Landnutzung Wald propagieren, ist die linke Hälfte Boden monatelang im Jahr Sonne, Wind und Wetter ausgesetzt. Die „Fruchtfolge“ Mais – Gülle – Mais – Subvention fordert ihren Tribut auf den hiesigen, armen Böden – vermeidbare Erosion und Grundwasserverschmutzung.

Der Fortschritt ist eine Schnecke.
Gucken wir also, was die Seeve zu bieten hat.

Wir haben den Tideniedrigwasserzeitpunkt der Elbe genutzt und sind an den Deich gefahren: Seevemündung binnendeichs – überbreites, flach über Sandbett rauschendes Wasser. Als Wanderfisch findet man das wohl nicht so toll, als Standfisch gibt es einem das AUS.

Jenseits des Deichs, zur Elbe, liegt ein Riesensandpolster. Das Seevewasser fließt flachst (falls sich flach steigern ließe) über Hunderte Meter zum Strom.
Die Elbevertiefungen – nicht zuletzt die vorige um die Jahrtausendwende – haben das Tidegeschehen zunehmend verschärft. Insbesondere das Absinken des Tideniedrigwassers sorgt an Bauwerken wie hier dem Deichsiel für einen Erosionsabriss an der Sohle – unnötiges Hindernis für Wanderorganismen. Das derzeitige „Sandpolster draussen“ – selbst nun Wanderhindernis – vertuscht das zeitweise. Das Deichsiel mit seinen sich bei Flut schliessenden Toren verhindert zweimal täglich stundenlang, dass sich der „Seeve-Geruchsfaden“ den Elbe-seitigen Wanderorganismen mitteilen kann. Als eine „Durchgängigkeit nach Stand des Wissens“ ist diese Situation nicht gerade zu bezeichnen.

Keine Gewässerrandstreifen, Verlust des standorttypischen Baumsaums – und das im Beispiel hier innerhalb des Naturschutzgebiets Untere Seeveniederung. – Noch Fragen?

Das Niedrigwasser enthüllt die Bedeutung des Baumsaums: von der Natur kostenlos gebotener Erosionsschutz durch Wurzeln.

Die seit einigen Jahren zunehmend angebotenen Kies- und Geröllgaben zeigen Wirkung: heller Fleck – frisch belaichtes Flussneunaugenlaichbett.

Kiese und Gerölle statt bewegter Sand: Wasserpflanzen, hier Wasserstern und Tausendblatt, können im wahrsten Sinn des Wortes Fuß fassen.

Die fehlende, natürliche Beschattung allerdings bringt die Sonne ins Maximum. Die Steine überwachsen massiv mit Algen, Sonnenüberschuss lässt Tausendblatt Sauerstoffübersättigung produzieren, Sauerstoffperlen gasen aus.

Überfall am Seevewehr in Maschen, einem der maßgeblichen Hindernisse für wandernde Organismen.

Zwar funktioniert der Fischpass – auch bei Niedrigwasser – für starke Springer wie Meerforellen und „Rubbler“ wie Fluss- und Meerneunauge, entspricht aber nicht dem gültigen Erfordernis: Durchgängigkeit für alle.

Fragezeichen über Fragezeichen – wieso heisst der Beitrag „Viechereien“?!? – Hier geht`s los – Larven des Erlenblattkäfers in besonderer Formation.

Gruß vom Biber.

Wir befinden uns nicht nur im Biber-, sondern auch im Otter-Land.

Treffen sich zwei Eintagsfliegen …

Treffen sich zwei Eintagsfliegen: „Mutter, ich erkenne Dich gar nicht wieder!“ – Ach, das ist nur die abgestreifte Haut.

Auch der Strudelwurm zeigt gute Wasserqualität an – das war hier nicht immer so. Weitergehende Abwasserreinigung hat wahre Wunder gewirkt.

An ruhigerer Stelle: Eintagsfliege, Eiballen, Zikade.

… und große Köcherfliegenlarven.

Bei all der zu verarbeitenden Algen- und Pflanzenmasse dürfen Schnecken natürlich nicht fehlen.

Amphibisch – jetzt sehe ich den Begriff „Makro-zoobenthos“ zum Greifen vor mir.
Und wieder das Thema „Agrar“ – dies gilt es endlich, den Anforderungen der Gesetze entsprechend, in allen Aspekten anzufassen. Drei Beispiele mögen dazu an dieser Stelle ausreichen.

Auch hier kein Randstreifen, wie zuvor am Beispiel des Naturschutzgebiets Untere Seeveniederung dokumentiert.

Übertiefe Lage des Fließgewässers – nahezu überall sind Sohlanhebungen erforderlich.

Calopteryx splendens im Kornfeld … – die Insekten nähmen lieber mit ungespritzten Pufferstreifen vorlieb. Die sind inzwischen aber alle beseitigt. – Eine Zwangslage für die Fauna, die im Zweifel zusätzliche, zwanghafte Kontakte mit Insektizid bedeutet. – Kein Thema für unsere Politik ! ?
Die Exkursion wird in der Bewertung von „Hydrobiology“ jährlich besonders hervorgehoben. Manch Student hat sich dadurch schon zum Studienfachwechsel anregen lassen. – Aber gerade für Ingenieurstudenten wird die Vorlesung als wichtige Ergänzung gesehen, mögliche Negativfolgen ihres künftigen beruflichen Handelns vorab zu bedenken. Die meist guten Noten für die studentischen Hausarbeiten sind Grund zur Hoffnung.
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