Nun hat es also 2014 geklappt, der Betriebsausflug führt uns auf die Elbe im Hamburger Hafen. Das soll ein Erlebnis der anderen Art werden, teilweise abseits von den normalen Touren, die als Hafenrundfahrt angeboten werden. Fachkundige Führung bieten die Aktiven von Rettet die Elbe.

Da hinten irgendwo liegt unsere Barkasse – vor der geldverschlingenden Dauerbaustelle Elb-Philharmonie, hinter den Museumsschiffen Rickmer Rickmers und Cap San Diego.

Die Vielzahl Kräne und der Kreuzfahrer rechts am West-Horizont zeigen, dass es offenbar Arbeit im Hafen gibt.

Bei der Umrundung der Hochwasserschutzbaustelle muss ich runter auf die Straße. Was ist DAS denn? Wasser statt Besen – mediterraner Umgang mit dem kostbaren Nass. – Leute, lernt mal dazu!

Wieder diesseits der Hochwasserschutzbaustelle, Barkassenanleger erreicht – von fern nahen die anderen, angekommen am U-Bahnhof Baumwall.

Der fette Hafenschlick lässt Blasen aufsteigen – Milliarden Bakterien arbeiten und zehren Sauerstoff, setzen Kohlendioxid und Methan frei.
Wir werden eine Elbe befahren, die Jahrzehnte stetig verbesserter Abwasserreinigung erlebt hat. Kommentiert vor dem jeweiligen Stand des Wasserrechts ist das hier nachzulesen.
Hamburg bekannte sich zum Erfordernis, wesentliche Schritte dringend selbst voranzutreiben. Zur Eröffnung des 12. Öko-Forum am 14.04.1983 – vor gerade 3 Jahrzehnten – begann der damalige Umweltsenator im Hörsaal des Instituts für Allgemeine Botanik seine Eröffnungsrede mit den Worten „Sehr geehrte Damen und Herren! Vorrangiges Ziel des Senates im Zusammenhang mit den heute zu erörternden Themen ist es, die Selbstreinigung der Elbe wiederherzustellen. Die Gewässer als Lebensraum, z.B. für Fische, so zu sanieren, dass diese auch geniessbar und vermarktungsfähig sind, sowie zumindest die Güteklasse II zu erreichen.
Um diese ehrgeizige Ziel zu erreichen, müssen erhebliche Anstrengungen und Investitionen unternommen werden. …“ – Ich komme weiter unten auf die Rede zurück.

Nun gucken wir, noch ziemlich Tideniedrigwasser, ins Nikolaifleet hinein, fast identisch mit dem früheren Alstermündungsmäander. Hier sollen mal die Wanderfische durch, wenn die Alsterfischpässe fertig sind.
Doch dazu später mehr in einem weiteren Beitrag.

Die Barkasse wirbelt ordentlich Wasser beim Drehen. Zur Sauerstoffanreicherung reicht das gleichwohl nicht.

Noch was zum Kotzen – die vielbeschworenen, beworbenen Traumschiffe. Die schwarze Rauchfahne zeigt, was verbrannt wird – Schweröl, der letzte Abfall, den es zu entsorgen gilt. Zu Lasten von Gesundheit, Bauwerken, Umwelt, Meer?
Abends wird dieses Schiff von einer kleinen Blondine, am Ballon schwebend, getauft. Anschließend gibt`s ein Konzert.

Erhöhter Tidehub durch die diversen Elbvertiefungen ist erlebbar: entwickelt primär durch erhebliches Absinken des Tideniedrigwassers.
Wer zum Baggern etwas lesen möchte, und wie die Elbe darauf reagiert, guckt mal hier.
Wer sich für das Thema interessiert, findet auf einem kleinen Spaziergang zwischen U-Bahnhof Jungferstieg und Landungsbrücken auch Süßwasserwatt mitten in der Stadt.

Inzwischen hat uns die angesagte Tief-Front erreicht. Hoffentlich bleibt uns das Erlebnis einer „Gewitterzelle“ erspart, wie sie in den Vortagen anderswo gewütet hat.

Mitten im Hafen: Sukzession Wasser, Schlick-/Sandwatt, Schilfröhricht – ist das eine Düne? Nein, wohl ein Bausandlager …

Ein altes Wikingergrab, eine Schiffssetzung vor Auwald? Wohl eher – neben modernem Stahlpfahl – kompostierte Pfahlreihen einer alten Hafenanlage.

Greenpeace ist auch vertreten zwischen Technik und Grün. Irgendwie habe ich das Gefühl, die waren früher mal vor Ort aktiver.

Und da verweht es auch schon – Kalisalz. Wie bei jedem technischen Prozess ist weitere Emissionsvermeidung überall möglich.

Oha, das sind mal Größenverhältnisse. Wir sind an einem Container-Terminal im Köhlbrand, wie die Süderelbe hier heisst, angekommen – „Altenwerder“ erinnert an das historische Bauern- und Fischerdorf, das hier weichen musste.

Für den weltweit subventionierten Immer-größer-Schiffbau werden fortwährend weitere „Anpassungen“ der Flüsse gefordert.
Hier passt wieder die Rede des damaligen Umweltsenators 1983, der auf Seite 13 seines Manuskripts fortfährt „Wir wissen heute, dass durch wasserbauliche Maßnahmen in der Unterelbe in Zukunft Veränderungen vorgenommen werden könnten, die eine erhebliche Sauerstoffzehrung zur Folge hätten, und zwar in einer Größenordnung, die den Sanierungseffekt durch den Bau der Klärwerke Köhlbrandhöft-Süd und Dradenau erreicht und damit wettmacht„.
Welch von guter Fachkenntnis geprägte Weitsicht – 1983! Heute, 3 Jahrzehnte später, beobachten wir das Resultat, z.B. angezeigt vom Wanderfisch Meerforelle. Mehr Fachkenntnis als Grundlage politischer Entscheidungen und Planfeststellungsbeschlüsse wäre wahrlich ein Segen. Und man fragt sich angesichts heutiger Elbe-Realität, wo eigentlich Ausgleich und Ersatz für derlei Belastungen bleiben.

Streitobjekt Vattenfall-Kohlekraftwerk Moorburg – Novum flacher Kühlturm. Irgendwie wird man den Küstenklatsch-Spruch nicht los, eine Umwelt-Staatsrätin hätte Vattenfall diesen Großklotz durch Verdopplung ursprünglicher Pläne angeraten.

Wir passieren das Jahrhundertbauwerk Köhlbrandbrücke – nach 40 Jahren Standzeit in Abriss- und Ersatzdiskussion.

Da, am linken Köhlbrandufer – massenhaft Möwen!
Hier münden Hamburgs weitergehend gereinigte Abwässer, sauerstoffreich, sommerkühl – ein Fluchtpunkt für Lebewesen während des Sauerstofflochs in der Elbe in der warmen Jahreszeit, eine Speisekammer für Möwen und andere. – Die Wassermenge entspricht im Sommer einem größeren Nebenfluss der Elbe (dementsprechend fehlt diese Menge am Trinkwasserentnahmeort in den Quellbächen).

Wir erreichen die Norderelbe am Zusammenfluss mit der Süderelbe / dem Köhlbrand. Spitze Leistung, Architekten! – Und wieder ein so genanntes Traumschiff.

Blick nach Westen, gen Nordsee: Wen haben wir denn da!?
Nein, nicht mich, unscharf über meinen Händen?

Herbert Nix wundert sich – kann das sein, bei Wassertemperaturen deutlich über 15, nahe 20 Grad Celsius? Und – haben wir nicht Flutstrom?
Na, fahren wir einfach mal einen kleinen, ausserplanmässigen Schlenker.

Tatsächlich, es ist das Baggerschiff Akke, das mit Wasserinjektion Sedimente in Bewegung setzt. Wird in Hafenbecken gearbeitet, nennt man das „Schlick-Eggen“. – Der Fluss macht dann irgendwas damit.

Akke in Aktion. Nachfrage beim Schiffsführer bestätigt, es herrscht Flutstrom. – Wieso, sollen Sedimente etwa elbaufwärts, Richtung Hafen, verlagert werden? – Man wundert sich.

Vorbei geht`s an den Faultürmen für Klärschlamm auf dem Klärwerksgelände Köhlbrandhöft. Im Vordergrund trocknen – unscharf – Kormorane.
Der erste Gewässerschutzbeauftragte des Strom- und Hafenbau aus der 1. Hälfte der 1980er (bis 31.01.1987) erinnert sich angesichts der inzwischen weitgehenden Abwasserreinigung weiter an die Rede des damaligen Umweltsenators „Die Bedeutung wasserbaulicher Massnahmen für die biologische Situation der Elbe, d.h. ihre Selbstreinigungskraft und die Lebensmöglichkeiten der Elbfische, wurde in den letzten Jahren nicht genügend berücksichtigt. Ich habe kürzlich mit grossem Interesse die Biographie eines Altenwerder Elbfischers gelesen, der die Entwicklung der Elbfischerei seit dem beginnenden 19 Jahrhundert beschreibt … Die Beobachtung dieses Fischers wird heute von der Wissenschaft bestätigt. Die zahlreichen Eindeichungen und Zuschüttungen, die weitflächige Vernichtung der Flachwasserzonen haben nicht nur die Fortpflanzungsmöglichkeiten der Fische reduziert, dies hat zugleich zur Folge, dass die Elbe weniger Sauerstoff aufnehmen kann als benötigt.
Deshalb kommt es entscheidend darauf an, weitere Verschlechterungen im Fluss durch sauerstoffzehrende Massnahmen zu verhindern. … In allen von mir angesprochenen fünf Bereichen müssen gleichzeitig Fortschritte angestrebt und durchgesetzt werden. Uns allen dauert dennoch die Umsetzung konkreter Massnahmen immer wieder zu lange. Deshalb lassen Sie uns gemeinsam durch Veranstaltungen wie die heutige nicht nur der Öffentlichkeit über Umweltprobleme besser informieren, sondern auch einen Beitrag in Richtung auf eine raschere Sanierung der Elbe leisten.“ [Ende der Rede.]
Wie wahr! Es folgten die ökologischen Gewinne der Abwasserreinigung und die der Wiedervereinigung. Und dann die vorige Elbvertiefung, begleitet durch die Zerstörung des Mühlenberger Lochs in seiner Funktion als letzte Lunge im unmittelbaren Hamburger Elbebereich – mit den bekannten Folgen.

Anpassung der Hochwasserschutzanlagen – muss sein! Hoffentlich überholen uns der Meeresspiegelanstieg und die Entwicklung der Sturmfluten nicht.

Wir steigen aus. Das war eine äusserst informative Fahrt – und das Wetter hat auch gehalten.
Eine neue Gruppe wartet schon auf die nächste Rundfahrt.
Jetzt wollen wir noch Alster-aufwärts gehen und die beiden Fischpassbaustellen an der Mühlenbrücke (Großer Burstah) und an der Rathausschleuse ansehen.
Dazu folgt demnächst ein eigener Blog-Eintrag.

































[…] Das Foto wurde aufgenommen im Juni 2014. […]
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