Wir hatten schon im Vorjahr mit der Idee geliebäugelt, 2013 eine Tour auf der Elbinsel Wilhelmsburg zu machen – wir trafen „alte Insulaner“ auf unserem Betriebsausflug zum Fischpass Geesthacht, s. Bericht vom 10. Juni 2012. Was lag also näher, als per Rad ein paar Anlaufpunkte der IBA anzusteuern. Sternförmig kamen wir zusammen.

Mit dem Rad am S-Bahnhof Veddel / Ballinstadt angekommen. Das Logo der IBA wird von einem verspäteten S-Bahnnutzer perfekt nachgeahmt.

Erstmal orientieren – wohin soll ich rüberkommen? Zum Industriekonzentrat, das ganz Hamburg östlich jahrzehntelang mit Arsen würzte?

Nach schnellem Überfliegen der Informationen nutze ich, da gerade Ebbe ist, die Zeit für einen Blick auf das Süßwasserwatt – mitten im Hafengebiet mit seinen Kanälen.
Das Süßwasserwatt, mitten in der Stadt, hat sich die Stadt selbst verursacht, indem die immer tieferen Baggerungen des Schifffahrtsweges Elbe über mehr als 100 km von der Küste bis Hamburg jeweils ein zunehmendes Absinken des Tideniedrigwassers verursachten. Jeder gebaggerte Meter Mehr-Tiefe bringt also weniger als einen Meter nutzbarer Tiefe, aber Entwässerungsverlust – für die Elbe und für die benachbarten Naturräume, sie laufen leer(er).

Wie schön, dass es in Hamburg noch Bäume gibt. Lichter Schatten erfreut Radler, Fußgänger, Tier- und Pflanzenwelt – und ist ein guter Beitrag zur Folgenminderung im Klimawandel.

Uuups, ein Beispiel von Translokation? Bin ich auf einmal am Pumpspeicherbecken Waldeck II, hoch über dem Edersee ?
Pumpspeicherwerk Waldeck II, Erinnerungen an den Bildungsurlaub „Nationalpark Kellerwald“ tauchen auf.

Aaah, wir sind doch noch in Hamburg (der kleine Aussetzer ist wohl der Sonneneinstrahlung geschuldet). Der Höhenrundweg auf dem Energieberg gibt weite Einblicke über die Stadt.

Nach oben hat jeder Besucher freien Blick, an Kinder haben die Planer aber wohl nicht gedacht – höchstens aus Sicherheitsgründen, die Seitenwände des Rundwegs sind dicht.

Boaahh, ey! Bei strammem Ostwind stehen wir mitten („auf Augenhöhe“, wie die Politiker heutzutage sagen) in der Abgasfahne Hamburger Großindustrie. – Dass man davon nichts sieht, sondern es „nur“ auf Nasen- und Rachenschleimhaut heftig spürt, macht das Ganze nicht besser.
Wir sind rundrum – also weg hier.

Wir gehen – eine Führung mit internationalen Gästen hat den Berg erklommen. Falls es sich um Chinesen handelt, die werden vor der Abgasfahne sicher nicht erschrecken.

Ich gönne mir eine Natur-Tour entlang dem NSG Rhee, einem abgedeichten Auwaldrest, der früher ein Tideauenwald war.

Die anderen haben den urbanen Weg durch Kirchdorf gewählt. Deichanstieg – jetzt gucken wir uns an, was da gebaut wird.

Auf 40 ha wird hier der Elbe wieder Raum gegeben inklusive Tidegeschehen. Ein Naturparadies darf sich wieder entwickeln.
Gemessen an der (einzigen !) Elbe-Rückdeichung Lenzen mit 400 ha (Film dazu, startet in der Sendung ab Minute 11:30) ist dies flächenbezogen zwar ein Klacks, aber immerhin – auch so eine Großbaustelle. Abgeräumt wird ein ehemaliges Schlickspülfeld, das jahrzehntelang landwirtschaftlich genutzt wurde. Als in den 1970/80ern erkannt wurde, dass die Schadstoffe des Schlicks im sich verändernden Boden in die (Lebens- und Futtermittel-)Pflanzen gelangten, wurde diese unzuträgliche Praxis sofort eingestellt. – Mit Freude sehe ich diese Baustelle, ist sie doch letztlich eins der vielen, in Realität umgesetzten Ergebnisse des Baggergutuntersuchungsprogramms . (Der frühere barrierefreie Link ist offenbar copyright-Verfolgern zum Opfer gefallen – beim jetzigen Link muss man sich anmelden, um die Originalveröffentlichung kostenlos herunter laden zu können.)
Dass hier im entstehenden Flachwasserbereich nicht Sukzession Richtung Tide-Auwald dominieren wird, sondern vorgesehen ist, regelhaft Sedimente zu baggern und in die Norderelbe zu schmeissen, kommentiere ich hier nicht. Es gibt genug Literatur dazu.
Einen guten Überblick über die Fläche und ihr Umfeld erhalten wir an der Deichbude Götjensort, der gemeinsamen Ideenumsetzung von Bau und Information.

Die Deichbude Götjensort, eine gute Idee zur Informationsvermittlung. Wir treffen eine Studentengruppe aus Hannover – viele Landschaftsarchitekten aus vielen Unis lernen hier viel.

Erstes Essen trifft ein. Rückwirkend betrachtet: Dank an die Finder des Restaurants, das war ein ausgezeichnetes Suchergebnis!

Man darf gespannt sein, wie sich diese ehemalige Industriehochburg über die heutige weitgehende Brache, z.T. fast Idylle, entwickelt – bzw. von Stadtplanern und Gremien entwickelt werden wird.

Oben drauf hat man einen phantastischen Blick rundum – hier die skyline der Westhäfen mit ihren in China gebastelten Riesen-Containerkränen. Was Subvention und Transportsubvention so alles zu Wege kriegt.

Auf dem Rückweg zum S-Bahnhof Wilhelmsburg radele unter anderem an jüngst erstellten Gewässern vorbei. – Man glaubt es nicht, was auch in Zeiten der Wasserrahmenrichtlinie noch angerichtet wird. – Aber das Institut für Hydrobiologie und Fischereiwissenschaft der Universität Hamburg ist sicher nicht ohne Grund ausgetrocknet worden – störende Kritikaster sind nicht erwünscht. (Und da spricht man davon, dass die MINT-Fächer in der Schule gestärkt werden müssen, da uns Fachleute fehlen …)
Uns allen jedenfalls hat der Betriebsausflug gut gefallen – einige haben schon die nächste Radtour nach Wilhelmsburg geplant. Es gibt hier noch viel mehr zu sehen.


















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